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Mädchen und Frauen zuletzt?

Schülerinnen denken über den Respekt für die Menschenrechte von Mädchen und Frauen nach
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Datum:
24. Okt. 2024

Am 11. Oktober wird weltweit der Internationale Mädchentag begangen. Dieser Gedenktag der UNO will auf die Rechte von Mädchen und jungen Frauen aufmerksam machen, weil immer noch Millionen von ihnen in ihrer Entwicklung benachteiligt werden. Aus diesem Anlass informierte Frau Barbara Schirmel, Referentin für Gender und Diversity beim katholischen Hilfswerk Misereor, Aachen, über die strukturellen Benachteiligungen, unter denen Mädchen leiden.

Frau Schirmel wies auf Gesetze hin, die Frauen gegenüber Männern benachteiligen, etwa wenn Frauen nur in Begleitung von Männern das Haus verlassen dürfen, wenn sie vorgeschriebene Kleidung tragen müssen, wenn ihnen der Zugang zu Bildung oder zum Landbesitz verwehrt wird, sie nicht oder nur mit der Erlaubnis ihres Mannes arbeiten und wenn sie die Regierung des Landes nicht mitwählen dürfen.

Auch wenn Gesetze Frauen diese Rechte offiziell zusprechen, gibt es Traditionen, die sie benachteiligen. Dabei ist nicht nur an die Genitalverstümmelung zu denken. Wenn Frauen als Besitz des Vaters oder Ehemannes gelten, wenn für Frauen ein Brautpreis gezahlt oder ihnen eine Mitgift mitgegeben werden muss, dann gelten Frauen als Handelsware und werden nach ihrer Hochzeit oft als Gebärmaschinen oder Sklavinnen behandelt. Partner, die meinen, auf eine Frau ein Recht zu haben – und das gibt es auch in Deutschland –, misshandeln sie häufig, kontrollieren sie und missbrauchen sie psychisch, körperlich, sexuell bis zum Femizid. Sie verweigern „ihren“ Frauen das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit und sogar auf ihr Leben.

In vielen Ländern der Erde fehlen Gesetze zum Schutz von Frauen. Gibt es keine Verpflichtung zum Schulbesuch, kein Mindestalter für eine Heirat, keinen Schutz vor oder nach einer Vergewaltigung, keinen Mutterschutz, eine ungleiche Verteilung von familiären Aufgaben, eine ungleiche Bezahlung von sogenannter Männer- und Frauenarbeit, dann werden Frauenrechte missachtet. Dasselbe gilt, wenn fehlende Quotenregelungen ermöglichen, dass Männernetzwerke den Zugang zu bestimmten Posten unter sich regeln, oder wenn Medikamente nur an Männern getestet und ihre Wirkungen also bei Frauen nicht erforscht werden,

In vielen religiösen und dabei patriarchalischen Gemeinschaften wird von Frauen verlangt, dass sie sich keusch verhalten und so die Familienehre bewahren. In westlichen Gesellschaften funktioniert derselbe Doppelstandard subtiler: Ein Mann, der viele sexuelle Kontakte hat, kann sich damit rühmen, eine Frau wird dafür beschimpft. In den sozialen Netzwerken verstärken aktuell deutsche rechtsorientierte Organisationen und Parteien traditionelle Frauenbilder. Ebenso wenig geht es überall dort, wo man sich vordergründig feministisch gibt, um die Rechte von Frauen und um gerechte gesellschaftliche Strukturen. Frauen und Männer müssen zusammen für Gerechtigkeit sorgen, davon zeigte sich die Referentin überzeugt. Dabei geht es auch um den Abbau von Schönheitsidealen, die Frauen behindern, sowie um die Auflösung von Rollenzuschreibungen, nach denen Frauen nur bestimmte Dinge und Männer andere gut machen können und mögen.

Anhand von konkreten Projektbeispielen, z.B. aus dem kleinen Land Timor-Leste, zeigte die Referentin auf, was die Hilfsorganisation Misereor tut, um Frauen in ihrer Selbstbestimmung und in ihren Rechten zu stärken. Viele junge Frauen ergreifen dort die Bildungschancen, die ihnen geboten werden. Sie erlernen gleichzeitig einen Beruf, mit dem sie ihren Lebensunterhalt selbständig sichern können. Dabei müssen die Erwerbs-Möglichkeiten, die dieses Land bietet, berücksichtigt werden. Was uns wie eine Stärkung traditioneller Rollenbilder erscheint, ist dort ein großer Fortschritt, das Frauen erlernen, wie sie eigenständig leben können.

Immer wieder bat die Referentin ihre Zuhörerinnen zu überlegen, ob sie eigene Erfahrungen gemacht haben, die strukturelle Probleme in der deutschen Gesellschaft zeigen. Tatsächlich konnten die Schülerinnen darüber berichten. Nur ein Beispiel: eine Schülerin, die als Schiedsrichterin auch Spiele von Jungs pfeift, erfährt oft, dass ihre Autorität nicht anerkannt und sie als Person abgewertet wird. Frau Schirmels Darstellungen machte die Schülerinnen nachdenklich. Sie wünschten sich sehr, dass Informationen wie diese auch an anderen Schulen, vor allem an koedukativen, vermittelt werden. Als die Referentin gefragt wurde, was die Schülerinnen selbst für die Rechte von Mädchen und Frauen tun können, nannte sie als Möglichkeiten: sich weiter informieren, politisch aktiv werden, für Frauen-fördernde Projekte von Misereor oder der Schwestern vom armen Kinde Jesus – für die bei uns die Bogotá-AG sammelt – gezielt spenden, ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland unter Vermittlung von Misereor oder der Schwestern machen.

Annette Rieks

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